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MÜNCHNER RESIDENZ RENOVIERT

Die Perle des Rokoko erstrahlt in altem Glanz

Münchner Cuvilliés-Theater von 1753 feiert Wiedereröffnung - mit Erwin Huber in der Rolle des Kurfürsten

Roland Losch
AP
13.06.2008

Fotografen während einer Vorbesichtigung im Comitehof des Cuvillies-Theaters in München. Münchens ältestes Opernhaus wird morgen nach 32-monatigen Sanierungsarbeiten feierlich wiedereröffnet. (Uwe Lein/AP)
Blick in den Zuchauerraum des Cuvillies-Theaters. (Uwe Lein/AP)

München - Das bedeutendste Rokokotheater Deutschlands erstrahlt in altem Glanz. Zum 850. Gründungstag der Stadt München am morgigen Samstag wird das Cuvilliés-Theater wiedereröffnet. „Wir können uns zurückversetzt fühlen ins 18. Jahrhundert", schwärmt Sabine Heym, Museumsdirektorin der Münchner Residenz.

Die Rolle des Kurfürsten übernimmt Erwin Huber. Als Hausherr sitzt der bayerische Finanzminister am Eröffnungsabend in der Loge, wo Weiland Max III. Joseph thronte. Und während der CSU-Chef Mozarts Oper „Idomeneo" hört, die 1781 hier uraufgeführt wurde, kann er von den Vorzügen der Monarchie in Zeiten leerer Kassen träumen. Denn trotz immenser Staatschulden konnte der damalige Herrscher einfach entscheiden, dass er „ein Neues Opera Hauß" brauche. Das kostete zwar 170.000 Gulden - heute annähernd 300 Millionen Euro. Aber „für das Hofzeremoniell war ein Opernhaus nötig, um mit den anderen Herrschern Europas mithalten zu können", erklärt Heym.

Huber, oder besser: der bayerische Steuerzahler, kommt günstiger weg. Die Renovierung dauerte zwar vier Jahre und damit doppelt so lange wie der Neubau anno 1753. Aber er kostete nur 25 Millionen, und ein Fünftel davon trugen Bürger und die Siemens-Kunststiftung durch Spenden bei.

Nackerte posaunen vom Ruhm

Das Cuvilliés-Theater ist ein Augenschmaus in Weiß, Rot und Gold. Unten im Parkett saß einst der Stadtadel, darüber schwebten die Logen für den eigentlichen Adel, abgestuft vom ersten bis zum vierten Rang. Der Kurfürst saß in der größten, über zwei Etagen reichenden Loge in der Mitte. Zwei nackte Damen, allegorische Figuren des Ruhmes, posaunen unter der goldenen Krone seinen Ruhm und seine Macht hinaus. Ein Engel allerdings, der die Krone hochhalten soll, scheint eher daran herumzuturnen. „Da blitzt der Witz des Baumeisters Cuvilliés durch", sagt Heym.

In der Oper feierte der Hofstaat sich selbst. Die Teilnehmer kamen in vollem Festputz, mit Schärpen und Orden. Das Licht blieb auch während der Aufführung an, damit jeder das Geschehen in den anderen Logen verfolgen konnte. Denn das Stück war Nebensache, die Hauptsache war das Staatstheater im Theater. „Das hatte Eventcharakter. Es wurde gegessen, man unterhielt sich. Nur bei den wichtigen Arien hat man zugehört", erklärt der heutige Leiter des Cuvilliés-Theaters, Christian de la Rosée.

Bei der Renovierung wurde die Fürstenloge wieder verspiegelt, so wie früher. „Da war das größte Licht, der größte Glanz", erklärt Heym.

Hofzwerg baute Perle des Rokoko

Die erste Hofoper war 1750 abgebrannt. Theater wurden damals mit Kerzen beleuchtet, mit Holzöfen beheizt, und auf der Bühne gab's Feuerwerk - ein brandgefährlicher Ort. Die neue Oper wurde sicherheitshalber zwischen zwei Wassergräben am Rande der Residenz erbaut, mit besonders dicken Mauern.

Den ehrenvollsten Auftrag, der bei Hofe zu vergeben war, erhielt Francois Cuvilliés. Der schmächtige Wallone war vom vormaligen Kurfürsten als Hofzwerg und wegen seines künstlerischen Talents nach München gebracht worden. Der in München und Paris ausgebildete Baumeister gilt als Meister des süddeutschen Rokoko.

Aber die Moden ändern sich. König Ludwigs I. klassikbegeisterter Architekt Leo von Klenze degradierte das Cuvilliés-Theater 1801 zum Lagerraum. Das von Kerzenruß schwarz gewordene Deckenfresko wurde einfach überpinselt. Sogar der Abriss wurde geplant, um einem modernen Wintergarten Platz zu machen. „Märchenkönig" Ludwig II. begeisterte sich aber für das Kleinod und ließ sich hier Privatvorstellungen geben. Unter ihm bekam es als erstes Theater Europas eine elektrische Beleuchtung. 1896 wurde es mit der ersten Drehbühne zum High-Tech-Theater.

Tapeten aus Seidendamast und 220 Kilometer neue Kabel

Im März 1944 fiel das Haus Brandbomben zum Opfer. Das Herzstück aber, die geschnitzten Logenverkleidungen, war ein Jahr zuvor ausgelagert worden. Nach dem Krieg wurde das Cuvilliés-Theater in ein anderes Gebäude der Residenz eingebaut und zum 800. Stadtgeburtstag am 14. Juni 1958 wieder eröffnet.

Aber weil der Brandschutz völlig ungenügend war, wurde es 2004 erneut geschlossen. „Wir haben alle Kabel entfernt und 220 Kilometer neue Leitungen verlegt", sagt Bauleiter Mathias Pfeil. Bühnentechnik, Heizung, Lüftung, Lautsprecher und Beleuchtung wurden komplett erneuert und geschickt versteckt. Im Zuschauerraum wurde „der Staub von Jahrzehnten entfernt". Die teilweise abgegriffene Vergoldung wurde erneuert. Verschlissene rote Seidentapeten wurden wie 1753 nach originalen Webkarten auf Jacquard-Webstühlen in Lyon gewoben.

Mit gleicher Sorgfalt wurde das Theater-Foyer aus den 50er Jahren renoviert. „Das hat für uns inzwischen ebenfalls Denkmalqualität", sagt Pfeil. (AP)

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